Ein paar Bitten…

Die Rechten sind die Gewinner_innen (ich gendere aus Prinzip) der jüngsten Wahlen. Sie werden aller Voraussicht nach auch bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen abräumen. Wahrscheinlich haben wir inzwischen auch jede Strategie gegen diese Entwicklung hinlänglich zerredet, ich habe dafür keine Geduld mehr. Ich habe nur einige Bitten:


1. Nehmt das Problem endlich ernst.
Menschen sterben an rechter Gewalt, schon seit langem. Wir dürfen das nicht unterstützen, weder in Bezug auf rassistische, sexistische, homophobe, transphobe oder ableistische Gewalt. Und auch nicht mit Blick auf die mittelbare Gewalt einer klimatisch ruinierten Welt. All das betrifft nicht nur die Politik der AfD, sondern auch (weite) Teile der CDU/CSU, FDP, SPD… Jede Partei zuckt an den ihr passenden Stellen die Achseln.


2. Hört auf, euch über AfD-Wähler_innen lustig zu machen.
Ja, ich fühle mich auch moralisch überlegen. Das bringt mir aber überhaupt nichts, wenn ich mit dieser Überzeugung allein bleibe. Wir müssen! dringend! AfD-Wähler_innen überzeugen. Auch wenn es sehr verlockend ist, sich mit diesen überhaupt nicht mehr zu befassen, sie sind nunmal da und wir sollten in Kontakt bleiben – in der Familie, Nachbarschaft, wo es sich eben anbietet.
Tipp am Rande: Es bringt meist nicht viel, sich über Meinungen zu streiten. Es kann aber zu guten Gesprächen führen, wenn man in die Biographien einsteigt und dann ganz ehrlich spiegelt, wie sich bestimmte Erfahrungen und Reaktionen für einen selbst anfühlen. Also ruhig ehrlich sagen, was man schlimm findet, aber nicht den Menschen an sich herabwürdigen. Ein schmaler Grad, ich weiß.


3. Unlust überwinden: Klar muss jetzt nicht jede_r Nazis therapieren, Menschen mit einem geschlossenen rechten Weltbild erreicht man sowieso nicht. Aber sorry, wir sind auch echt nicht in der Position, uns nicht anstrengen zu müssen.

4. Kein Ossi-Bashing. Diskussion gern. Aber mit zuhören. Alles andere macht die Lage nur noch schlimmer.


5. Lachen wo es Lachen braucht: Politiker_innen und Nazis sind vielfach Medienprofis, stramm rechts und nur an sich selbst interessiert. Lacht und schimpft über sie, alles andere bringt eh nichts.

6. Beschwert euch über Algorithmen! Je krasser, drastischer, aggressiver eine Äußerung in den sozialen Netzwerken, desto mehr Reichweite hat sie in den sozialen Netzwerken, die Medien ziehen nach. Das weltweite Erstarken der Rechten hat mit Sicherheit auch damit zu tun. Da brauchen wir dringend mehr Regulierung und eine Debatte, wie das mit der Pressefreiheit und dem Recht auf freie Meinungsäußerung in Einklang zu bringen ist.


7. Hört endlich auf zu glauben, dass dieses Problem auf der Sachebene zu lösen ist. Es ging nie um Argumente, es geht um Gefühle, Haltungen. Eine Politik der Höflichkeit und Freundlichkeit auf allen Ebenen kann hier die einzige Antwort sein. Auf Werte wie den der der Gastfreundschaft könnte Friedrich Merz ja auch mal wieder stolz sein.

8. Egal, in welcher Öffentlichkeit ihr steht: Vertretet eure Meinung. Sagt nicht, was ihr glaubt, was die Menschen vor euch hören wollen. Integrität ist das einzige, was in dieser Lage echte Orientierung bietet.

Und 9. Nehmt das Problem endlich ernst.
Danke.